Ich dachte, es gäbe aus meinem Alltag keine Neuigkeiten mehr zu berichten. Gestern wurde ich jedoch mit der Nase auf eine Frage gestoßen, auf die ich bis dato noch keine eindeutige Antwort hatte: Wie treten wir als Regenbogenfamilie in der Öffentlichkeit auf?
Ihr Lieben,
die Zeit rennt, es ist der Wahnsinn! Meine Jüngste ist kürzlich bereits 10 Jahre alt geworden und ich frage mich, wo die ganze Zeit hin ist, seit ich die kleine Maus noch auf meinem Unterarm liegend in den Schlaf wog.
Statt mir im Schlaf auf meinem Arm ihr kleines Schmollmündchen entgegen zu strecken, streckte sie mir bei ihrem gestrigen Kindergeburtstag in einer Kreativwerkstatt ihr Werk entgegen – bemaltes Glas, das in den kommenden Tagen noch gebrannt wird. Zu Beginn der Veranstaltung erklärte uns der nette ältere Herr, wie das Ganze von statten zu gehen hat und er wiederholte die Eingangsfrage seiner Frau, wer die Erwachsenen denn wären. Meine Exfrau wurde treffsicher als Mama des Geburtstagskindes erkannt, bei mir rätselten sie ein wenig herum: Tante? Tagesmutter?
Innerlich musste ich ja schon etwas grinsen – es bestand erneut kein Zweifel an meiner Geschlechtsidentität, was ich zwar im Alltag wieder und wieder so erlebe, es so deutlich gespiegelt zu bekommen, zaubert mir dennoch immer wieder kleine rosa Herzchen in den Bauch.
Nachdem die Frage nun also im Raum stand, herrschte kurzzeitige Ratlosigkeit, wie wir die Situation unserer Regenbogenfamilie denn nun erklären sollten. Wir blickten uns kurz an, meine Älteste schaute auch etwas sparsam und ich entschied mich kurzerhand für „die 2. Mama„. Die Frau des Hauses schien meine Aussage nicht so ganz greifen zu können, ihr Mann nahm sie aber ohne erkennbare Verwirrung zur Kenntnis. Damit war das Thema durch und diese Erklärung schien zu reichen. Auch die anderen Kinder, die mich teilweise nur flüchtig kennen, gingen völlig selbstverständlich mit der Situation um. Das freut nicht nur mich als unmittelbar Betroffene, sondern es freut mich auch für meine Kinder, weil sie diesen bunten Teil ihrer Familie nicht verstecken müssen, sondern mehr oder minder selbstverständlich damit aufwachsen.
Im Nachgang dachte ich darüber nach, ob ich es hätte anders oder klarer erklären können, blieb mir jedoch treu und stellte für mich fest, dass es wenig zielführend gewesen wäre, die ganze Trans-Thematik an diesem Tisch aufzurollen. Es war immerhin der Kindergeburtstag meiner Tochter und keine Erklärbärstunde für queere Themen.
So nahm der Nachmittag seinen Lauf und alles verlief locker, gelöst und teilweise super kreativ! Ich bin echt gespannt auf die Ergebnisse, sobald sie gebrannt sind. 🙂
Daheim, zurück in meinem Bettchen, dachte ich erneut eine Weile über diese Situation nach. Hatte ich vielleicht doch die Chance verpasst, für mehr Aufmerksamkeit für die queere Community zu sorgen? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Frage an euch, ihr Lieben: Wie handhabt ihr solche Situationen? Eher pragmatisch wie ich gestern oder sorgt ihr in dem Kontext direkt für mehr Aufklärung?
Alles Liebe,
eure Julia