Gegen Hass! Für Toleranz, Gemeinschaft und Vielfalt.

Aus gegebenem politischen und medialen Anlass möchte ich mich heute unter anderem zum Unwort des Jahres äußern. Und dazu, was dieser Themenkomplex in letzter Konsequenz auch für trans Personen bedeuten könnte.

Ihr Lieben,

ich weiß gar nicht so recht, wie ich diesen Artikel beginnen soll, die Thematik liegt mir wirklich schwer im Magen. Ich möchte hier auf diesem Kanal nicht länger schweigen, da es uns am Ende alle betrifft, queere Menschen aber womöglich in besonderem Maße. Die Rede ist von den scheinbar stärker werdenden rechten Strömungen in diesem Land. Auf politischer Ebene, aber auch im täglichen Leben. Und der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, ist das Unwort des Jahres: Remigration – ein mit rechter Gesinnung aufgeladener Euphemismus, der auf widerliche Art und Weise Vertreibungen und Deportation schönfärbt.

Üblicherweise halte ich mich hier im Blog mit politischen Äußerungen weitgehend zurück, da es mit dem Thema des Blogs selten unmittelbar etwas zu tun hat. Doch heute muss es einfach mal sein! Ich habe das Gefühl, klar Stellung beziehen zu müssen. Und zwar gegen (rechten) Hass. Und für Toleranz, Gemeinschaft und Vielfalt in unserer Gesellschaft! Daher werdet ihr dieses Statement heute auch – ein wenig hübscher gestaltet – in meinen Social Media Accounts finden.

Schon seit vielen Monaten nehme ich eine rauer werdende Stimmung und einen aggressiveren Umgang der Menschen untereinander wahr. Es wird mit härteren Bandagen gekämpft. Verbal und körperlich, zumindest gegenüber Menschen, die nicht zur eigenen Bubble gehören. Innerhalb fester sozialer Gruppen hingegen, scheint ein gesteigerter Zusammenhalt zu entstehen – Polarisierung? Der härtere Umgang miteinander äußert sich in meinem kleinen Kosmos in vermeintlichen Kleinigkeiten wie Nötigung im Straßenverkehr, Hamsterkäufen in Supermärkten (siehe Klopapier). Er hinterlässt seine Spuren in wirklich bösen Hasskommentaren im Internet und mündet nicht zuletzt beim unbegreiflich großen Zulauf, den rechte Parteien erfahren. Nicht nur in Deutschland.

Ich möchte zu den jüngsten Medienberichten über Geheimtreffen der AfD, der Werteunion und anderen Gruselorganisationen gar nicht groß Stellung beziehen, da ich noch nicht die Energie hatte, mich umfassend und ausgewogen zu dem Thema zu informieren. Doch die Schlagzeilen und Diskussionen dringen trotz wohldosiertem Nachrichtenkonsum zu mir durch. Heute beispielsweise über das Tagesgespräch bei WDR 5 zum Unwort des Jahres. ich empfinde diese (nicht ganz so) neuen Entwicklungen als eindringliches Zeichen dafür, dass hierzulande ganz grundsätzlich Dinge schieflaufen. Menschenhass und -verachtung war noch nie akzeptabel, doch die Stimmung hierzulande verfinstert sich zunehmend in diese Richtung und mehr und mehr Menschen scheinen das völlig in Ordnung zu finden. Oder machen sich zumindest keine Gedanken darüber. Ich weiß es nicht.

Nun bin ich als queere Person noch einmal anders von diesem Thema („Remigration“ und allem was damit zusammenhängt) betroffen, als beispielsweise enge Freunde von mir mit ausländischen Wurzeln. Aber wir alle kennen die Geschichte: heute sind es Geflüchtete (die in der Regel aus gutem Grund geflüchtet sind), morgen vielleicht queere Menschen und übermorgen körperlich eingeschränkte Menschen. Oder andere beliebige Minderheiten, die nicht ins krude Weltbild rechter Gesinnung passen. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich fühle mich massiv alarmiert und auch ein stückweit bedroht.

Übermäßig politisch war ich noch nie, denke aber dennoch viel über solche Themen nach. Auch wenn sie hier im Blog selten Ausdruck finden. Ich war eine Zeitlang Mitglied der mittlerweile fast in der Bedeutungslosigkeit versunkenen Piratenpartei, habe allerdings schnell gemerkt, dass politische Diskussionen nicht das Feld sind, in dem ich wirken möchte. Nach meinem Austritt entschied ich mich damals, im Elternrat der hiesigen Kita Verantwortung zu übernehmen und Dinge im Kleinen, dafür aber wesentlich unmittelbarer, zu bewegen. Diese Haltung hat sich über die Jahre gefestigt und dennoch komme ich nicht umhin, bei derlei relevanten gesellschaftlichen Themen, die politische Seite in mir zu aktivieren. Daher zurück zu meinen Überlegungen bezüglich der aktuellen Entwicklungen:

Was wäre, wenn die Ampelkoalition nun einfach die Flinte ins Korn werfen würde und wir neu wählen dürften? Sähen wir dann eine AfD, nach der CDU, als zweitstärkste Partei im Bundestag?
Wie nah oder fern liegt dann noch der Gedanke, dass in dieser Konstellation, entgegen aller Beteuerungen, dann doch gemeinsame Projekte in die Umsetzung gehen? Schließlich haben bereits einzelne Personen in der CDU zuletzt schamlos am rechten Rand gefischt und in manchen Bundesländern arbeiten CDU und AfD relativ ungeniert bereits heute zusammen. Gruselig!
Und wie weit ist dann noch der Weg, dass es auch für queere Menschen in Deutschland so richtig ungemütlich wird? Also mehr, als es heute ohnehin schon der Fall ist?

Bildet Euch dazu gerne eine eigene Meinung. Vielleicht male ich das auch alles zu schwarz. Oder noch nicht schwarz genug. Keine Ahnung. Sind ja auch nur Gedanken.
Aber wie dem auch sei, ich persönlich möchte dieses oder ein ähnliches Szenario auf gar keinen Fall erleben! Ich wünsche mir eine weltoffene, bunte und tolerante Gesellschaft, die Probleme konstruktiv diskutiert und löst und auch vor großen Herausforderungen nicht zurückschreckt, sondern mutig Schritte unternimmt, um die Welt zu einem lebenswerteren Ort zu machen.

Und ganz egal, wie ihr zu diesem Thema steht, ich halte hier und jetzt nicht die Klappe, sondern rufe mit Nachdruck dazu auf, die Finger von der AfD und anderen rechten Parteien oder Organisationen zu lassen!
Das hat vor bald 100 Jahren bereits zu entsetzlichem Leid geführt, das bis heute über Generationen hinweg nachwirkt. Lasst uns bitte, bitte aus der Geschichte lernen!

Komplexe Probleme löst man nicht mit einfachen Antworten

Natürlich gibt es Probleme in diesem Land und auch ich bin mit vielen Dingen nicht einverstanden. Die Natur dieser Probleme ist es allerdings üblicherweise, dass sie ziemlich komplex sind. Und aus meiner Arbeit als Projektmanagerin und Agile Coachin weiß ich, dass komplexe Probleme sich selten bis nie mit einfachen Antworten lösen lassen. Die Chance steigt mit der Einbeziehung aller Beteiligten und einer schrittweisen Annäherung an eine mögliche Lösung. Eine Erfolgsgarantie gibt es jedoch selbst dann nicht. Das liegt in der Natur der Sache. Wir Menschen bilden uns gerne ein, den Lauf der Dinge vollumfänglich kontrollieren zu können – was für eine grandiose Fehleinschätzung.
Ich bin immer wieder entsetzt, wie viele Menschen dennoch vermeintlich einfachen Lösungen Gehör und Zuspruch schenken, die rechte Gruppierungen immer wieder unters Volk bringen. Ihr werdet sicher meine Meinung teilen, dass die Welt nicht nur schwarz-weiß ist, sondern facettenreich, komplex und manchmal auch ganz schön kompliziert. Das ist bisweilen echt scheiße, aber das gehört wohl zum Leben dazu (dafür ist sie manchmal im Gegenzug aber auch ganz schön wundervoll). Die Lösung kann aber sicherlich nicht sein, beispielsweise unverschuldet in Not geratene Menschen aus dem Land zu werfen oder vergleichbaren Unsinn anzuzetteln.

Wie ich aus so manchem Gespräch im privaten Umfeld gelernt habe, stecken oft Ängste, Unzufriedenheit und mangelnde Transparenz (= fehlendes Verständnis) hinter dem aufkeimenden Zuspruch zu rechtem Gedankengut. Ich kann solche Ängste zwar verstehen und auch den Unmut nachvollziehen. Ich lasse aber weder diese Ängste, noch den Unmut als Argument gelten, deshalb eine menschenverachtende Partei zu unterstützen oder gar zu wählen. Das ist beinahe ja so, als würde ein Mastschwein „Die Schlachterpartei“ wählen, nur weil es im Schweinestall zu eng geworden ist. #facepalm

Meine ganz persönliche Einschätzung dazu ist, dass es unserer Gesellschaft in vielen Bereichen an gegenseitiger Empathie mangelt. An Gehör. Und daran, ernstgenommen zu werden. Wir alle haben Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche und wir möchten damit gehört und gesehen werden. Menschliche Grundbedürfnisse eben. In besagten Gesprächen stelle ich immer wieder fest, dass die Ansätze extremer Haltungen nach der Offenlegung dieser (unbefriedigten) Bedürfnisse wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen, weil sie schlicht das Problem nicht lösen. Weil nicht „die da oben“ das Problem sind. Oder geflüchtete Menschen. Oder die LGBTIQ*-Community.

Ohne die Komplexität des Themas unnötig simplifizieren zu wollen, versuche ich dennoch, meine Beobachtungen auf einen halbwegs stimmigen Nenner zu bringen:
In diesen Gesprächen sehe ich fast immer das gleiche Bild vor mir: ein verletztes inneres Kind. Und einen Erwachsenen, der mit dieser Verletzung nicht gut umzugehen weiß. Klingt das plausibel?

Um an dieser Stelle langsam die Kurve zu einem kleinen Silberstreif am Horizont hinzubekommen, möchte ich meinen ursprünglichen Aufruf noch etwas erweitern:

Bitte lasst die Finger von rechten Gruppierungen – vor allem auf dem Wahlzettel.
Macht den Mund auf gegen menschenverachtendes Gedankengut.
Schenkt euren Mitmenschen etwas mehr Aufmerksamkeit, Empathie und Mitgefühl.
Behandelt sie so, wir auch Ihr gerne behandelt werden möchtet.

Schließen möchte ich nun mit einem Zitat eines Mannes, dessen Lebenswerk ich sehr bewundere – Mahatma Gandhi:

Wo Liebe wächst, gedeiht Leben – wo Hass aufkommt droht Untergang.

Mahatma Gandhi

Passt auch Euch auf, Ihr Lieben!
Eure Julia

PS: Passend zu diesem Thema fand ich heute noch einen großartigen TED Talk zum Thema „Großzügigkeit“, der das Thema menschlicher Verbindung und Empathie von einer anderen Seite beleuchtet (leider nur auf Englisch verfügbar):

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