Schreibblockade

Schöne Grüße aus Schreibblockadenhausen und Allgemeine-Ratlosigkeit-City.

Liebe Gemeinde,

wie der Titel des Artikels bereits verkündet, habe ich derzeit eine Schreibblockade. Meine Quelle, aus der es sonst so fröhlich sprudelt, ist versiegt. Dennoch möchte ich ein Lebenszeichen von mir geben, obgleich es in Sachen Transition keine nennenswerten Neuigkeiten gibt. Alles geht irgendwie seinen Gang. Es fehlt mir jedoch an Energie, um mich zu weiteren Schritten aufzuraffen – das Schreiben des Antrages für den Brustaufbau zum Beispiel.

Energie, die bräuchte ich dieser Tage, oh ja! Wisst ihr, ich bin noch immer krankgeschrieben und unsicher, ob und in welchem Umfang ich das hier thematisieren möchte, da es mutmaßlich nichts mit der Transition zu tun hat. Oder doch? Hm. Ich sehe das Ende derselben immer näherrücken und so langsam reift in mir die Erkenntnis, dass nach dem Brustaufbau, abgesehen von der Bartepilation, Schluss sein wird mit medizinischen Eingriffen. In Sachen Stimm- und Gesichts-OP habe ich kürzlich lebende Beispiele gesehen, die mich eher abgeschreckt haben. Nicht mal vom Ergebnis her, aber aufgrund der Operation, den Risiken, Kosten und Schmerzen. Ich glaube, das möchte ich alles nicht und komme eigentlich auch so einigermaßen zurecht. Jedenfalls im Augenblick. Ich will aber nicht ausschließen, dass sich diese Haltung nochmal ändert. Dysphorie is a bitch, you know?! Mehr kann ich dazu im Augenblick nicht sagen.

Neben der Energie fehlt mir auch die Perspektive. Ich lebe von Tag zu Tag und offen gestanden habe ich keine Ahnung, wie viele Dinge in meinem Leben weitergehen werden. Das Thema Hochsensibilität beschäftigt mich im Augenblick sehr, denn ich erkenne, dass ich lange gegen meine Bedürfnisse gehandelt habe und das aus Gewohnheit noch immer tue. Das tut mir nicht gut und so ist es wenig verwunderlich, dass es mich in eine Depression gerissen hat. So, jetzt ist es doch raus. Ja, ich möchte das hier doch bis zu einem gewissen Grad thematisieren, merke ich beim Verfassen dieser Zeilen.
An manchen Tagen geht es besser und an manchen schlechter. An den schlechteren fühle ich mich einfach nur leer und geißle mich innerlich dafür, dass ich doch nun wohl glücklich sein sollte, da ich doch endlich die Frau bin, die ich immer sein wollte. Ich bin aber nicht glücklich. Über das Frausein schon, das steht außer Frage! Das bereue ich keine Sekunde! Aber etwas anderes ist ganz offenbar nicht so, wie es sein sollte.

Dennoch kann ich immer nur schulterzuckend dastehen, wenn ich gefragt werde, was konkret denn los sei und welches Problem es zu lösen gilt. Würde ich das wissen, könnte ich ja etwas tun. Weiß ich aber nicht. Da derlei heftige Tiefs erst seit der Hormonbehandlung auftreten und nochmal häufiger seit der GaOP, habe ich weiterhin ein hormonelles Ungleichgewicht im Verdacht. Und eine gewisse erbliche Veranlagung vermutlich auch. Hurra!

Tja, ehrlich gesagt sitze ich hier nun ein wenig ratlos, habe doch etwas geschrieben, aber eigentlich nichts, was mit dem Thema dieses Blogs zu tun hat. Oder doch? Ich weiß es nicht. Mir gehen tausend Gedanken durch den Kopf. In Anbetracht der Tatsache, dass die Transition vielleicht gegen Ende des Jahres mehr oder weniger beendet sein könnte, stellt sich mir auch die Frage, was mit dieser Webseite wird. Es gibt schlicht nicht mehr viel über die Transition zu berichten. Es stehen noch einige Interviews aus, zu deren Durchführung ich aber im Augenblick keine Energie habe. Dann kommt vielleicht ein Fazit und das war’s dann mit diesem Kapitel.

Nun heißt meine “Marke” aber nicht umsonst “Becoming Julia”, “Julia werden”. Das bezog sich bei dessen Grundsteinlegung zu großen Teilen natürlich auf die Transition. Im Hinterkopf hatte ich aber auch den Gedanken, dass das Leben als solches immer eine Reise zu sich selbst ist, die erst mit dem Tod endet – und vielleicht nicht mal dann. Wer weiß das schon?! Daher spiele ich mit dem Gedanken, diesen Ort der Offenheit und Selbsterfahrung nach dem Ende der Transition dafür zu nutzen, im weitesten Sinne über eben jene Reise zu schreiben. Über all die kleinen und großen Abenteuer im Alltag. Über mein Laufenlernen im späten Bewusstsein, hochsensibel zu sein. Über den offenen Umgang mit dem Thema Depression. Alles Themen, die oft genug unter den Teppich gekehrt werden und die eigentlich mehr Öffentlichkeit verdienen. Sowie Transidentität eben auch. Ihr erlebt mich erneut schulterzuckend.

Eine Art zündender Funke?

Aus einem schlauen Buch über Hochsensibilität lernte ich kürzlich, dass sich das, was ich schon immer unterbewusst gespürt habe, in einen Lebenszweck, in eine Mission, gießen lässt:

Sie möchten etwas Eigenes entwickeln, das das Leben von Menschen verbessert oder verschönert.

Das stimmt und bringt auf den Punkt, was ich all die Jahre und noch heute tagtäglich versuche:

Dieser Blog hier.
Mein Youtube Kanal.
Das Instagram Profil.
Mein Angebot als Speakerin.
Das damalige Hilfsangebot für andere transidente Menschen.
Die RHEIN*BOWS.
Die Arbeit mit der Agilität.
Das Schreiben meines Buches.
You name it!

Einfach alles ist Ausdruck dafür, dass es mich tief erfüllt, Menschen zu helfen oder etwas Schönes für sie zu tun. Und am liebsten mit einer Sache, die ich selbst entwickelt oder gestaltet habe. Siehe oben. Darin liegt für mich so viel Sinn und gleichzeitig ein großes Risiko, mich selbst zu verlieren. Und doch ist diese Mission gleichsam schwammig, so dass ich im Augenblick keine Idee habe, wohin die Reise gehen wird. Das muss ich aber auch noch gar nicht wissen, sagte mir die Tage ein schlauer Mann. Denn erst muss es mir besser gehen.

Das Morgen ist erst einmal egal.

In Liebe,
Eure Julia

PS: Ich glaube, meine Schreibblockade hat sich soeben etwas gelockert…

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