Die Zeit nach einer Brust-OP ist bisweilen etwas beschwerlich und schmerzhaft. Daher möchte ich euch anhand meiner Erfahrungen ein paar „Survival“-Tipps geben, wie ihr gut durch die ersten besonders schweren Tage kommt.
Ihr Lieben,
die Idee zu diesem Artikel kam mir morgens früh gegen 5 Uhr, nachdem meine Schmerzmittel nachließen und ich nicht mehr schlafen konnte. Schnell notierte ich mir alles, was mir in den Sinn kam, bevor ich dann dank einer frühmorgendlichen Schmerztablette noch einmal in die Kissen sinken konnte.
Die Verpackung des Themas in „Survival-Tipps“ ist wohl dem Umstand geschuldet, dass mein Partner und ich uns in den vergangenen Wochen viel mit diesem Bereich befasst haben. Wir spielten kooperativ 7 Days To Die, wenn wir uns aufgrund der Entfernung unter der Woche nicht sehen konnten oder schauten aneinander gekuschelt 7 vs. Wild, bevor es für mich ins Krankenhaus ging. Das und ein paar andere Einflüsse gaben dann wohl den Ausschlag für meinen morgendlichen Kreativitätsausbruch.
Im Folgenden beschreibe ich euch meine persönlichen Strategien, um die ersten Tage nach der Brust-OP (im Rahmen der Möglichkeiten) gut zu überstehen. Mein vorrangiges Ziel: dabei so wenig Stress und Schmerzen wie möglich zu haben – denn beides braucht man nach einer solchen OP absolut nicht.
Ich hoffe, es sind ein paar hilfreiche Tipps für euch dabei – lasst es mich gerne über die Kommentare oder per E-Mail wissen. Falls ihr noch mehr Tipps habt – gerne her damit! 😉
Survival Tipp #1 – Nutzt eure Bauchmuskulatur
Nach dem Eingriff, insbesondere bei einer OP unterhalb des Brustmuskels (subpektoral), sind besagte Muskeln naturgemäß stark gereizt und/oder verletzt und sorgen vor allem in den ersten Tagen für starke Schmerzen. Diese sind zwar in der Regel mit klassischen Schmerzmitteln gut behandelbar, dennoch kann man einiges tun, um dem Körper den Heilungsprozess zu erleichtern. Gerade unmittelbar nach der OP fällt das Aufstehen und Bewegen des Oberkörpers schwer, ein Hochdrücken mit den Armen ist schmerzbedingt kaum möglich und mit Rücksicht auf die Wundheilung auch sicherlich nicht förderlich.
Sofern gerade keine Unterstützung durch Dritte greifbar ist (Anhebung im Nacken / am Rücken), möchte ich euch daher sehr die Nutzung der Bauchmuskulatur ans Herz legen. Die meisten Krankenhausbetten erlauben das Einhaken des Fußes im Griff oder im Gestänge, sodass man sich auf diese Weise behelfen kann. Für mich war in der ersten Zeit ein gangbarer Weg, den Kopfteil des Klinikbetts hochzufahren, um damit den Hebel zu verringern und anschließend den Rest mit eingehaktem Fuß und den Bauchmuskeln zu bewältigen. Ja, die ersten zwei Tage ist selbst das beschwerlich, für meinen Dickkopf, der aber gerne Dinge selbst auf die Reihe bekommt, war es ein – wenn auch kleiner – Schlüssel zu mehr Eigenständigkeit.
Ich weiß, ich weiß. Asche auf mein Haupt! Einige liebe Menschen haben mir in den vergangenen Tagen gesagt: „Mach’ mal langsam, du bist gerade erst x Tage post-OP.“ Und natürlich haben sie recht! Ich lerne. Und es nervt mich gerade ein wenig, körperlich so eingeschränkt und auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Dazu komme ich aber gleich noch …
Survival Tipp #2 – Nutzt Schmerzmittel
Dieser Tipp liegt vermutlich auf der Hand. Dennoch möchte ich ihn hier explizit anführen, da die Zeit in der Klinik nach einer Brust-OP vergleichsweise kurz ist und man danach mehr oder minder auf sich allein gestellt ist. Ich habe seit der Entlassung jederzeit Ibuprofen 400 griffbereit und benötigte auch bald 3 Wochen nach der OP noch die Maximaldosis von 3 Tabellen am Tag. Zwar lassen die Schmerzen ab dann langsam nach, aber speziell zum Schlafen ist es wesentlich angenehmer und erholsamer.
Da ich aber keine ärztlich ausgebildete Fachkraft bin, gilt wie immer in solchen Fälle: lasst euch dazu im Zweifel bitte vom behandelnden Arzt beraten!
Survival Tipp #3 – Lasst euch helfen
Ja, ja! Wer im Glashaus sitzt … in diesem Punkt habe ich selbst noch zu lernen. 😉 Und darum habe ich an diesem Tipp auch besonders zu knabbern und zu arbeiten. Ich bin gerne selbständig und ungern von anderen Menschen abhängig. Aber in diesem Fall ging es schlicht nicht anders. Die Operation findet an einem so zentralen Teil des Körpers statt, sodass anfangs beinahe alle Bewegungen weh tun und der eigene Radius doch signifikant eingeschränkt ist.
Daher: habt jemanden bei euch, der euch im Alltag daheim helfen kann. Das können Kleinigkeiten sein, wie ein Glas Wasser zu holen. Das Öffnen und Schließen der Jalousien per Hand. Denn selbst das kann am Anfang eine Herausforderung sein, wenn der Körper all seine Energie in die Heilung steckt. Vor allem aber betrifft es Dinge, wie z. B. das Duschen. Ja, das geht theoretisch auch alleine. Je nach Gegebenheiten kann es aber schwierig sein, beispielsweise wenn ihr sitzend in einer Badewanne duschen wollt. Alleiniges Aufstehen ist danach unfassbar schwierig und benötigt möglicherweise eine helfende Hand. Dieser Jemand, der da für euch sorgt, sollte also eine vertraute Person sein, die euch notfalls auch unbekleidet sehen darf. 🙂
Lasst euch auf jeden Fall auch beim Tragen von Dingen helfen. In den ersten Wochen ist das Tragen schwerer Sachen ohnehin strikt untersagt, daher ist es ratsam, schon jemanden zu haben, der eure Krankenhaustasche für euch nach Hause trägt. Und Einkäufe. Und Wäsche. Etc. Ach, selbst das Schneiden von Gemüse kann unter Umständen schmerzhaft sein, da auch hierbei die Brustmuskeln beansprucht werden.
Will sagen: Ich bin tatsächlich ein großes Glückskind und darf die erste Zeit bei meinem Partner wohnen, der mir viel im Alltag abnimmt und sich sogar mein Gejammer anhört (siehe Survival Tipp #11). Ohne diese Hilfe wäre ich wirklich aufgeschmissen gewesen! Und da ich wie gesagt weiß, wie schwer das Annehmen von Hilfe sein kann, lernt möglichst vor der Brust-OP, euch von anderen Menschen helfen zu lassen, falls ihr damit ebensolche Schwierigkeiten haben solltet, wie ich.
Solltet ihr mal niemanden haben, der euch zumindest bei den Einkäufen helfen kann: nutzt Lieferdienste! Sei es die Pizza von der Pizzeria um die Ecke oder der Wocheneinkauf per Picnic oder sonstige Apps. Ich wette, das Personal ist total lieb und trägt die Lieferung notfalls sogar bis in die Küche, wenn ihr lieb fragt. 😉
Survival Tipp #4 – Wechselt die Positionen
Wenig überraschend dürfte die Feststellung sein, dass die erste Zeit nach der OP umso schmerzhafter ist, je länger man in einer Position verharrt. Völlig egal, ob liegend, sitzend, stehend oder laufend.
Daher: wechselt eure Position und Körperhaltung regelmäßig. Lauft etwas herum, setzt euch auf einen Stuhl und legt euch wieder hin. Das macht die Schmerzen erträglicher und sorgt außerdem dafür, dass euer Kreislauf in Schwung bleibt. Nach etwa 2 – 3 Wochen merkt ihr möglicherweise auch, dass vermehrte Bewegung (z. B. Spazierengehen) sehr guttut. Bei mir hat ein abendlicher Spaziergang sogar mal für eine kurzfristige Schmerzfreiheit gesorgt, was ich ziemlich beeindruckend fand.
Survival Tipp #5 – Bereitet eure Wohnung vor
Sofern ihr niemanden haben solltet, der 24/7 für euch griffbereit ist und euch im Alltag zur Hand gehen kann, tut euch selbst einen großen Gefallen und räumt vor der Operation alle notwendigen Gegenstände vorher auf Griffhöhe. Das gilt auch für Dinge, die ihr mutmaßlich nicht braucht. In meinem Fall waren das Blumenvasen. Meine lieben Freundinnen brachten mir direkt zwei wunderschöne Sträuße ins Krankenhaus, die daheim natürlich versorgt werden wollten. Glücklicherweise hatte mich meine beste Freundin heim gefahren und konnte mir am hohen Schrank aushelfen.
Ich empfehle euch, einige Tage vor der Operation jeden Handgriff in der Wohnung sehr bewusst zu tun und zu prüfen, ob ihr dabei euren Arm höher als die Schulter heben müsst. Falls ja, ist der davon betroffene Gegenstand ein guter Kandidat, nach unten geräumt zu werden. Die Wohnung sieht nach dieser Intervention zugegebenermaßen etwas wild aus, aber so ist zumindest sichergestellt, dass ihr euch einigermaßen selbständig versorgen könnte, ohne eine Überlastung der OP-Stelle zu befürchten.
Survival Tipp #6 – Gönnt euch eine Auszeit
Dieser Tipp gilt eigentlich für alle Lebenslagen, die eure Gesundheit betreffen: gebt eurem Körper und euch selbst die Zeit, die es braucht, um zu heilen. Falsch verstandener Ehrgeiz macht im Zweifel mehr kaputt, als dass er hilft. Lasst euch vom Krankenhaus daher so lange krankschreiben, wie es geht. Das sind in der Regel maximal 14 Tage, die weitere Versorgung und Ausstellung von AU’s übernimmt dann der weiterbehandelnde Arzt. Diese 14 Tage würde ich auch in jedem Fall erfragen, denn das erspart euch in den ersten Tagen nach der Entlassung den doch recht mühseligen Gang zum Arzt. Nach 14 Tagen ist das deutlich einfacher.
Sorgt zudem nach Möglichkeit während eurer Genesung für ein ruhiges Umfeld. Stress, körperliche Anstrengung und hektische Bewegungen sind Gift für die Heilung! Ich kann euch nur wärmstens empfehlen, hier – wie immer – auf euren Körper zu hören. Was sich gut anfühlt, ist es in der Regel auch. Und umgekehrt.
Survival Tipp #7 – Nutzt einen „Booby Ghost“
Achtung, Eigenwerbung. 😉
Soviel zu unserer gemeinsamen kleinen Schnapsidee. 🙂 Was ich mit diesem Survival-Tipp aber sagen möchte ist: sorgt für ausreichend Polsterung der frischen Wunden, so dass euch holprige Straßen, wackelnde Bahnen und zurrende Anschnallgurtel oder Handtaschen so wenig wie möglich anhaben können.
Und falls ihr Lust und Interesse habt, unser kleines „Booby Ghost“ Projekt zu unterstützen, dann freuen wir uns ein Loch in den Bauch, wenn ihr uns eine unverbindliches Vorbestellung schickt:
Survival Tipp #8 – Liegt bequem
Oooh, liegen und schlafen. Beides ist so wichtig für die Heilung! Vor dem guten Schlaf kommt jedoch das bequeme Liegen. Und das ist nach solch einem Eingriff gar kein allzu leichtes Unterfangen, wie ich schmerzlich feststellen musste. In der Klinik war noch alles tutti, denn da ließ sich die recht feste Matraze inklusive Kopfteil per Knopfdruck verstellen. Das erleichterte das Aufstehen immens. Daheim angekommen, sah ich mich jedoch mit einer recht weichen Matratze konfrontiert, die mir keine Knopfdruckunterstützung gab und in dessen Nähe sich auch keine Möglichkeit befand, mich mit den Füßen einzuhaken, um mich mit den Bauchmuskeln in die Senkrechte zu ziehen. Schön doof. Ohne meinen Schatz wäre ich vermutlich stundenlang nicht aus dem Bett gekommen.
Also, Pro-Tipp: Nutzt eine relativ harte Matratze oder Couch zum Schlafen und stellt entweder sicher, dass das Kopfteil höhenverstellbar ist oder ihr eine Möglichkeit habt, euch per Bauchmuskeln hochzuziehen. Denn ein Aufstützen mit den Armen ist am Anfang unglaublich schmerzhaft!
Survival Tipp #9 – Setzt euch kleine Tagesziele
Die ersten Tage und sogar Wochen waren hart für mich. Ich muss gestehen, den Eingriff hatte ich mir leichter vorgestellt. Daher lag ich die ersten Tage weitgehend flach, ein stückweit desillusioniert über meine mangelnde Beweglichkeit. Aber ich wäre eine schlechte Agile Coachin, wenn ich diese neuen Umstände nicht annehmen und mich entsprechend anpassen könnte. Also setzte ich mir kleine Tagesziele. Anfangs waren das Kleinigkeiten: das Mittagessen am Tisch und nicht im Bett zu mir zu nehmen, zum Beispiel. Später wurden es größere Vorhaben: ein kleiner Spaziergang oder eine eigenständige Dusche. Dabei gab es auch Rückschläge, aber das gehört vermutlich zur Heilung dazu.
Also, Sonder-Spezial-Survival-Tipp von eurer persönlichen Agile Coachin:
Setzt euch kleine Tagesziele, um die Zeit daheim etwas abwechslungsreicher zu gestalten, nicht zu verlottern und für euch selbst Fortschritte zu sehen – z. B. Duschen, Spaziergänge, Kochen, 2000 Schritte gehen, you name it.
Survival Tipp #10 – Lernt Etappenschlaf
Okay, dieser Tipp hört sich echt doof an und ist auf Dauer vermutlich auch ungesund. Aber in diesem Fall gilt: ich denke, es ist ein guter Kompromiss.
Für mich war und ist durchgängiger Schlaf seit der OP pures Wunschdenken. Mehr als 4 Stunden am Stück sind nicht drin und so manches Mal ist meine Nacht auch heute noch um 4 Uhr zu Ende, weil ich entweder die Schmerzen oder die noch starke Spannung des Gewebes kaum aushalte und nur Bewegung etwas Linderung verschafft.
Daher mein temporärer Tipp, bis ihr aus dem Gröbsten raus seid: Schlaft in Etappen, kombiniert mit etwas Bewegung lindert das die Schmerzen.
Survival Tipp #11 – Weint
Oh, was habe ich nach der OP schon geweint! Sturzbäche. Nicht wegen der OP selbst, sondern aufgrund der Schmerzen. Zwar mögen die IBUs den vordergründigen Schmerz unterdrücken, dennoch bleibt bei mir bis jetzt permanent ein total unangenehmes Druckgefühl und einer Dauerreizung des Gewebes, die sich mit der Zeit potenziert, so dass ich mich am Liebsten nur schütteln möchte, um dieses angestaute, diffuse Unwohlsein loszuwerden. Ich kann dieses Gefühl kaum in Worte fassen, aber an manchen Tagen treibt es mich schier in den Wahnsinn und macht mich super aggressiv.
Ein Weg, um diese innere Anspannung zumindest etwas zu lösen, ist Weinen. Wenn die Tränen fließen, geht die Anspannung mit ihnen.
Also: Weint, wann immer euch danach ist.
Survival Tipp #12 – Achtet eure (neuen) Grenzen
Auch hier muss ich wieder vorsichtig sein, nicht mit Steinen im Glashaus zu hantieren.
Schon sehr früh nach der OP strebte ich danach, Dinge selbst zu tun, die ich aber eigentlich noch nicht selbst tun konnte. Oft genug bekam ich von allen Seiten lieb gemeinte Klapse auf die Finger, man würde das schon für mich machen und ich solle mich schonen. Das war zum Teil wirklich hart für mich. Siehe „Hilfe annehmen“.
Doch diese lieben Menschen hatten alle Recht, denn ich tendier(t)e dazu, schnell über meine Grenzen zu gehen, weil der Ehrgeiz mich gerne mal packt. Ein großer Spaziergang zum Bäcker musste doch drin sein?! War er nicht! Auf dem Rückweg schossen mir die Tränen in die Augen vor Schmerzen…
Soll heißen: Überanstrengung nach der Brust-OP is a bitch, lasst es besser sein und lasst euch helfen. Respektiert die Signale und Grenzen eures Körpers. Er wird euch sagen, wann ihr wieder einen Gang höher schalten kannst. Denn unsere Körper sind ganz schön cool!
Und eine Sache vielleicht noch: Erlaubt euch kurze Pausen, was das Tragen des Stütz-BH’s angeht. Denn der drückt auf Dauer ganz schön und ein paar Minuten Frischluft können Wunder bewirken. Fragt aber vorher euren Doc, ab wann und wie lange das erlaubt ist!
Epilog
Ich hoffe, die obigen Tipps können euch bei eurer Brust-OP ein paar Hilfestellungen geben, so dass ihr gut durch diese doch recht anstrengende Zeit kommt. Falls ihr weitere Fragen zur OP oder Nachsorge hast, schreibt mir gerne eine eMail oder hinterlasst einen Kommentar unter diesem Beitrag.
Alles Liebe,
eure Julia