Offenes Tor

Heute gibt es wieder einen bunten Themenstrauß mit in allen Farben des Regenbogens scheinendem sozialen Engagement, knallrot hervorstechenden Schmerzen und ein wenig Blattgrün zur Beruhigung der Augen.

 

Witzig. Fast jeden Tag stehe ich auf und denke mir: “Heute Abend hast du bestimmt nicht schon wieder etwas zu berichten, was du in deinem Blog verarbeiten könntest.” Und oft genug liege ich damit falsch. So auch heute. Denn just nachdem ich den gestrigen Beitrag in die weite Welt entlassen hatte, noch guter Dinge, meine Schmerzmittel Schmerzmittel sein lassen zu können, raffte es mich förmlich dahin.

Zu früh gefreut

Der Grund dafür ist schnell erklärt: dadurch, dass ich beruflich bedingt nun wieder früh aufstehen muss und mit Bougieren schon gegen 08:00 Uhr fertig bin, ist die Zeitspanne bis zum zweiten Mal am Abend relativ lang. 12 Stunden oder mehr, je nach dem, was an dem Abend eben noch ansteht. Gestern waren es aus Gründen sogar locker 15 Stunden. Und das war der Fehler. Denn Sinn und Zweck der Übung ist es ja, die Yoni offen und gedehnt zu halten und es kommt nicht von ungefähr, das zweimal täglich machen zu müssen. Soll heißen: die Kontraktion erfolgt relativ flott.

Entsprechend mühsam war das Prozedere gestern Abend und zu allem Überfluss überdehnte ich eine Stelle, so dass es begann, leicht zu bluten. Kein Drama, aber es tat einfach übel weh. Der Schmerz war zurück und ich kauerte mich weinend auf’s Bett, nachdem es vorbei war. Ich kam mir vor wie Lili Elbe in “The Danish Girl”, die nach einer Zwangsbehandlung beim Arzt weinend auf der Liege liegt und schluchzt: “Sie haben Lili weh getan!

Ich hatte Julia weh getan. Ich hatte mir weh getan.

Doch im Vergleich zu einem aufgeschürften Knie oder dem versehentlichen Schnitt mit einem Küchenmesser fühlte sich das hier anders an. Als hätte ich etwas Heiliges beschädigt. Etwas Heiliges, das zudem noch sehr schutzbedürftig ist.

Alles tat weh und irgendwie brannte das blöde Gleitgel auch noch. Kurz kam ich mir vor, als hätte ich alles zerstört, für was ich in den vergangenen Wochen nach der OP gekämpft hatte. Als hätte ich meine noch fragile körperliche Weiblichkeit wegen fehlender Vorsicht geschunden und verletzt. Was für ein beschissenes Gefühl!
Nach kurzer Zeit wurde es mir dann aber mit mir selbst und den Schmerzen zu bunt und ich griff zur glücklicherweise noch vorhandenen IBU 600, um und schlafen zu können.

Gegen Morgen war dieser Albtraum zum Glück vorüber. Der Schmerz war gegangen, die Blutung beim Bougieren minimal. Durchatmen. Der Schreck war vorüber.

Sitzblockade

Der nun folgende Arbeitstag gestaltete sich körperlich dennoch weiterhin herausfordernd. In einem Video Call mit meinem neuen Team musste ich mich nach 30 Minuten von der Videofunktion verabschieden und mich auf mein Bett bewegen, trotz Sitzring war nicht mehr an Schreibtischarbeit zu denken. Laptop sei dank geht das alles. Ernsthaft. Ohne diese Möglichkeit wäre ich noch Wochen krankgeschrieben, mit entsprechenden Auswirkungen. Insofern bin ich total dankbar für die Möglichkeiten, die wir heute dank Technik und verständnisvollen Kollegen haben.

Offene Türen

Im Laufe des Tages trudelte dann eine eMail bei mir ein. Zu meiner großen Freude war meine Anfrage bei der Stadt bezüglich sozialem Engagements für Trans*Personen umfassend beantwortet worden. Zwar gebe es leider noch kein Angebot für Menschen über 27 Jahren, aber man sei hoch erfreut über mein Interesse und bot an, das Gespräch mit der für Diversität zuständigen Stelle der Stadt zu suchen und ein Gespräch zu veranlassen. MEGA!!! Fast hätte ich vor Freude einen Luftsprung gemacht! Mit einem Gespräch direkt bei der Stadt hätte ich tatsächlich gar nicht gerechnet.

Worauf das Ganze nun genau hinausläuft, muss sich noch zeigen. Es scheint aber Tendenzen in Richtung eines Beratungsangebots zu geben. Wie cool! Nur mal ins Blaue hineingesprochen: vielleicht kann ich dann unter Federführung der Stadt ein paar Stunden pro Woche ehrenamtlich ein solches Angebot mit gestalten. Das wäre der Hammer und würde mich sehr erfüllen, glaube ich. Weil es einfach enorm sinnstiftend ist.

Aber mal schauen, wie sich das entwickelt. Erst einmal signalisierte ich großes Interesse an diesem Gespräch und warte auf weitere Rückmeldung.

Hach, wie coooooool. Ich freu mich so!

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One Thought to “Offene Türen & das Ding namens “zu früh gefreut””

  1. […] ignorierten Ball aufzunehmen und einen Testballon zu starten. Daher habe ich den letzten Artikel Offene Türen & das Ding namens “zu früh gefreut” und auch diesen hier vertont und oberhalb des Textes zum Anhören […]

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