Erding

Die große Reise ist getan und verlief reibungslos. Ein paar kleinere Komplikationen vor Ort gab es dann aber doch.

Um 05:20 Uhr heute früh schlug ich die Augen auf. Abreisetag. Eigentlich hätte ich noch etwas schlafen können, aber ich war nicht mehr müde und stand auf. So konnte ich auch noch ganz entspannt die restlichen Sachen packen und wurde gegen 8 Uhr von meinen Eltern zum Bahnhof gefahren. All ihre guten Wünsche begleiteten mich, als die Tür der Bahn schloß und mich auf die große Reise schickte. Bahnhof um Bahnhof rauschte an mir vorbei. So recht habe ich die Fahrt gar nicht mitbekommen, fällt mir gerade auf. Vielleicht war ich doch noch zu müde.

Zu meinem Erstaunen und zu meiner Freude kam mein ICE pünktlich und rauschte in gerade einmal 4 1/2 Stunden bis München-Pasing. Leseversuche während dieser Zeit scheitern weitgehend und endeten einmal mit einem lauten „Klatsch“, als mein Buch zu Boden segelte, weil ich über der Lektüre eingeschlafen war.

14:20 Uhr Ortszeit, ich steige aus dem Zug und betrete bayerischen Grund und Boden. München hat mich wieder!

Zu meiner riesigen Freude holte mich meine Freundin mit ihrem Auto ab (das sparte mir noch fast 2 Stunden Fahrt mit dem ÖPNV und schenkte mir stattdessen Zeit mir ihr; awesome!) und wir fuhren gemeinsam nach Erding, um den Abend gemeinsam zu verbringen. Ein anfangs eher kleiner Spaziergang durch diese doch eher verträumte und teils verlassene Stadt entfaltete sich schon bald zu einer größeren Runde bis in die Altstadt und dann wieder zurück – immer auf der Suche nach einem guten Italiener. Den fanden wir schließlich auch, vom eisigen Wind und vereinzelten Schneegrieseln durchgefroren. Das Personal war super lieb, das Essen solide, nur die später anrückende Gesellschaft am Nachbartisch machte uns beiden Unbehagen. Mir vor allem, weil es recht viele Menschen recht nah bei uns waren, die laut eigener Aussage genesen waren. Ob dies kontrolliert wurde, konnte ich nicht feststellen. Trotz dreifacher Impfung wollte ich auf keinen Fall riskieren, so kurz vor dem Ziel noch das Corona-Virus einzuschleppen. Am Ende verließen wir das Lokal recht zügig nach dem Essen und kämpften uns durch den nun von vorne kommenden Wind zurück zu meinem Hotel, nahmen uns in den Arm und verabschiedeten uns.

Ich wünsche mir sehr, dass die Besuchsregelungen bald gelockert werden können und sie mich besuchen kann. Und vielleicht sogar meine Kinder. Denn bei einem Telefonat später im Hotel weinte meine kleine Tochter wieder, weil wir uns so lange nicht sehen können und ich glaube auch, weil sie etwas Angst um mich hat – obgleich sie das so nicht explizit formulierte. Sofern es im Krankenhaus machbar ist, sprechen wir morgen Abend noch einmal, also recht kurz vor der OP.

Neben den Komplikationen mit dem Wind und den Menschen zweifelhaften Coronastatuses gab es leider noch einen anderen unschönen Zwischenfall, der mich sehr beschäftigt und verunsichert hat. Obwohl er mir eigentlich egal sein sollte: als meine Freundin und ich so durch Erding schlenderten, hatte ich meine Maske abgesetzt und durch das lange Tragen war offenbar einiges des MakeUps abgegangen. Mein Bartschatten war also recht deutlich sichtbar, wie ich später im Hotel merkte. Uns kam eine Familie entgegen und offenbar sorgte ich für Irritation. Der Vater bliebt stehen, schaute mir hinterher und ließ in einem leicht assi angehauchten Tonfall vernehmen: „Ey, das ist ein Mann!
In diesem Moment, wollte ich am liebsten wegrennen. Jetzt würde ich ihm am liebsten eine reinhauen. Und die beste Variante wäre am Ende wohl eher, das an mir abprallen zu lassen. Idioten. Idioten mit beschränktem Weltbild.

Dennoch tat dieser Spruch sehr weh und ich konnte ihn ob seiner Lautstärke leider nicht überhören. Doch er zeigt deutlich: mein Passing reicht nicht aus! Da gibt es nichts dran zu deuteln. Und daran wird natürlich auch die GaOP nichts ändern. Es bestärkt mich aber zum Einen darin, die Bartepilation so schnell wie möglich zu einem Ende zu bringen und zum Anderen eine Gesichtsfeminisierung anzustreben. Menschen sollen mich angucken und eine Frau sehen! Ich will mich selbst im Spiegel ansehen und eine Frau sehen!

Mag sein, dass das die einsetzenden Wirkungen der fehlenden Hormone sind, denn diese eigentlich unbedeutende Situation zieht mich gerade über Gebühr runter. Ich versuche aber nach Ende dieses Artikels nicht weiter darüber nachzudenken, denn das ist die Energie nicht wert. Die brauche ich für andere Dinge.

Nun kommen mir schon noch viele andere Erlebnisse des heutigen Tages in den Kopf, aber die Müdigkeit überwältigt mich langsam und das Wesentliche habe ich festhalten können. Morgen früh geht es wieder früh raus, um 12 Uhr zu Dr. Taskov und nachmittags zum Vorgespräch der Anästhesie. Morgen werde ich wohl mein Zimmer für die nächsten Wochen und Tage sehen und mich dort einrichten. Die OP nimmt wirklich Formen an…

Es sei noch gesagt, dass ich sehr froh bin, die modernen Kommunikationsmittel wie WhatsApp zu haben und außerdem meinen Pingu eingepackt zu haben. Denn hier alleine im Hotelzimmer fühlt es sich trotz des gemeinsamen Abends und des Telefonats mit meinen Kindern irgendwie etwas einsam an. Man könnte fast schon sagen, ich habe ein bisschen Heimweh. Aber das legt sich morgen bestimmt wieder. Ich freue mich auf die nette Sprechstundenhilfe, das Gespräch mit Dr. Taskov und darauf, dass hoffentlich all meine Fragen und Bedenken zur Narkose geklärt werden können.

Ob ich es morgen noch schaffen werde, einen Blogartikel zu schreiben, kann ich nicht versprechen. Sofern die Situation in der Klinik es hergibt, werde ich vom Tage wieder berichten und mich dann vorerst für ein paar Tage für die OP und die Erholung danach verabschieden. Sobald wie möglich lasse ich euch aber wissen, wie es gelaufen ist.

Das wird eine spannende Zeit! Auf seine Weise: eine ganz neue Welt, ein ganz neues Leben!

 

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4 Thoughts to “T-2 Tage”

  1. Lisa Herzog

    Ganz ganz viel Glück, dass alles so wird, wie du es dir vorstellen. LG Lisa Herzog

    1. Julia

      Hey Lisa,
      ganz lieben Dank! ❤️
      Blöde Frage: kennen wir uns aus der Schule? 🤔😅

      1. Lisa Herzog

        „Kennen“ wäre zuviel gesagt, aber ja, wir waren in einer Stufe!

        1. Julia

          Ah, alles klar. Dann kann ich dich einordnen. 🙂 Schön von dir zu hören.

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