Tja…gute Frage. Ich denke, dafür gibt es sehr vielschichtige Gründe. Einer davon ist sicherlich meine Erziehung. In unserer Familie wurden Themen, die im weitesten Sinne mit Sexualität zu tun haben, stets als Tabu behandelt. So wäre ich niemals auf die Idee gekommen, meinen Wunsch ein Mädchen zu sein, jemandem zu erzählen.
Zudem war das Thema Transsexualität in den 80ern ohnehin noch nicht so präsent – ich wusste schlicht nicht, dass es sowas gibt und fühlte mich einfach immer nur falsch. Das wurde noch durch massives Mobbing in der Schule befeuert. Also verschloss ich mein Anderssein tief in mir und versteckte es nicht nur vor der Welt, sondern auch vor mir. Um Schmerz zu vermeiden (durch Ablehnung von außen) passte ich mich also an und tat, „was man halt so macht“ in unserer deutschen Gesellschaft. Dabei verlor ich mich jedoch zunehmend selbst und es ging mir immer schlechter damit, jedoch ohne zu verstehen, was der Grund dafür war.
Seit Jahren hatte ich das Gefühl, mein Leben mit angezogener Handbremse zu leben, konnte jedoch nie den Kern dessen finden. Zwar merkte ich immer wieder, dass ich lieber eine Frau wäre, aber ich tat das einfach nur als komischen Charakterzug ab oder später als Fetisch.
Es brauchte am Ende eine Krankschreibung von über 2 Wochen wegen akuter Burnout-Symptome im Juni 2020 um mal etwas zur Ruhe zu kommen und meine zunehmend stärker werdenden Wünsche nach dem Frausein zu reflektieren.
Endlich, nach 39 Jahren dämmerte mir dann, was ich mein Leben lang übersehen und unter großem Krafteinsatz verdrängt hatte…