Liebes Tagebuch,
ich habe heute viel geweint und gelacht. Tagsüber fühlte ich mich von all dem überrollt, überfordert, haderte damit, warum das unbedingt mir passieren muss.
Später war ich mit meiner Tante und meinem Onkel verabredet, eigentlich wegen ihre Aussage, ich würde vor dem Problem im Job davonlaufen, wenn ich mich wo anders bewerbe.
Ich hatte noch den Nagellack vom Wochenende drauf und hatte auch nicht die Absicht, ihn zu entfernen. Bei den beiden war ich mir sicher, dass sie cool damit umgehen.
Und so war es auch. Ich hatte erst erwartet, dass sie direkt etwas sagen, was aber nicht der Fall war. Das hatte mir leider den Aufhänger versaut, das Thema anzuschneiden, aber ok. Ich musste also selbst aktiv werden. Fair enough.
Wir unterhielten uns lange über Job, Nein-Sagen, für mich einstehen und den eigenen Platz im Leben finden. Das war quasi die perfekte Brücke zum Thema. Ich selbst sein. Wenn das mal nicht passt! Ich erzählte ihnen von meinen Zweifeln an meiner Geschlechtsidentität und sie nahmen es völlig gelassen auf. Was für eine Wohltat. Meinen Lack hatten sie wohl bemerkt, aber nichts gesagt. Wir unterhielten uns eine Weile darüber, spannend. Und das beste war: sie sagten beide, es fühle sich für sie absolut stimmig an, absolut richtig und sie würden sich sehr für mich freuen. 🙂
Diese Stimmigkeit merke ich auch mehr und mehr. Julia ist erwacht. Und sie merkt, dass sie beachtet wird und plötzlich sein darf. So erleichtert und gelöst fühlte ich mich ewig nicht mehr. Ich habe Schmetterlinge im Bauch. Julia. Julia. Julia. Julia Kalder. JK. Kein Zweitname. Aktuell jedenfalls nicht. Vielleicht ändert sich das auch noch, aber ich mag den Namen Julia. Und wenn ich ihn im Forum lese, hüpft mein Herz.
Außerdem hab ich heute „The Danish Girl“ geguckt…und oft geweint. Zwar ist der ganze Prozess stark verkürzt und vereinfacht – ein Film eben – aber die Gefühle der Hauptperson kann ich so gut nachvollziehen…
Julia.
Ich heiße Julia.
Ich bin Julia.