Vor ein paar Tagen saß ich in einem Meeting, bei dem uns ein wundervolles Programm für den internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen vorgestellt wurde, das bei uns auf dem Campus stattfinden wird. Da ich mit diesem Themenfeld vergleichsweise wenige Berührungspunkte habe, mich aber dafür weiter sensibilisieren möchte, hörte ich gespannt zu. Und dann fiel er, dieser eine Begriff. Dieser Terminus, der mich innerlich zusammenzucken ließ und der mich letztlich dazu veranlasste, diesen Artikel zu schreiben. Dieser Begriff war „Safe Space“. Sicherer Raum. Warum ich es so schlimm finde, diesen Begriff aktuell in vielen Lebensbereichen zu hören, möchte ich euch in diesem Artikel erzählen.
Fragt man ChatGPT nach einer Definition für „Safe Spaces“, bekommt man Folgendes zu lesen – das wird später in diesem Artikel noch von Wichtigkeit sein:
Ein Safe Space ist ein geschützter Raum, in dem Menschen frei von Diskriminierung, Bewertung oder Angst ihre Gedanken, Erfahrungen und Identität teilen können. Hier stehen Respekt, Inklusion und emotionale Sicherheit im Fokus.
–ChatGPT
Seit nunmehr über 4 Jahren gehöre ich bewusst zu einer von Gewalt und Diskriminierung bedrohten Minderheit, in der Safe Spaces eine wichtige Rolle spielen. Aus diesem Grund gründete ich damals die RHEIN*BOWS. Ich wollte einen sicheren Raum für Menschen schaffen, die Angst haben, sich offen so zu zeigen, wie sie eigentlich sind. Damals erschien mir dieser Schritt logisch, denn ich wollte diese Menschen darin bestärken, zu sich selbst zu stehen und ihren eigenen Weg mutig zu gehen. Und das möchte ich noch immer.
Doch etwas hat sich letzte Woche geändert. „Safe Space“, hallte es noch immer durch meinen Kopf, in dem etwas klickte. Natürlich! Auch Menschen mit Behinderungen sind von Diskriminierung und Schlimmerem bedroht. In diesem Kontext gilt es auch, diese Menschen vor dem vermeintlich gefährlichen Außen zu schützen. Aber wem mache ich da etwas vor? Gleiches gilt für meine kleine bunte Bubble auch. Und andere.
Und Frauenhäuser. Safe Spaces, weil irgendwelche fehlgeleiteten Typen es offenkundig für legitim halten, ihrer Partnerin Gewalt anzutun. Wie, bitte? Und dann müssen wir als Gesellschaft diese schützenswerten Menschen verängstigt hinter dicken Mauern verstauen, während die eigentlichen Probleme draußen herumlaufen? Ticken wir noch ganz sauber?
Ja, unsere Safe Spaces schützen uns vor Anfeindungen und Gewalt. Unsere Gemeinschaften machen uns stärker und robuster gegen den ganzen Mist, der da draußen passiert. Safe Spaces sind unsere ganz eigene Hornburg, die gegenwärtig von widerwärtigem rechtem Pöbel – und auch von linkem (winke, winke, Frau Wagenknecht!) – Ring für Ring eingenommen wird, während der Rest achselzuckend daneben steht. Und an machen Tagen habe ich Angst, dass unsere Burg irgendwann fallen könnte.
Denn wenn ich mir meine Safe Spaces so anschaue, dann liegen sie wild verstreut in meinem Umfeld. Und das Dazwischen? Wilder Westen. Nur zu durchqueren mit starken Schutzschilden. Autowänden aus Stahl oder woraus Autos heutzutage hergestellt werden. Mein Auto ist manchmal mein Tunnel, der mich sicher von Safe Space zu Safe Space bringt. Oft genug empfinde ich diese kleinen Reisen nicht so einengend, aber es kommt eben vor.
Also drängt sich mir in diesem Meeting die Frage auf: Warum um alles in der Welt brauchen wir eigentlich Safe Spaces? Was zum Geier läuft hier schief, dass Menschen derartige Konstrukte benötigen, um einigermaßen unbeschadet durchs Leben zu kommen? Denn seien wir mal ehrlich: die Notwendigkeit, Safe Spaces für erschaffen, ist kein Selbstzweck. Sie deutet auf einen eklatanten Mangel in unserer Welt hin. Einen Mangel an Respekt, Inklusion und emotionaler Sicherheit. Und einen Übelkeit erregenden Überschuss an Diskriminierung, Bewertung und Angst davor, authentisch sein zu können.
Genau dieser Gedanke tropfte mir wie klebriges Pech in mein Bewusstsein, als das „Safe Space“ aus dem Munde des Kollegen langsam im Raum verhallte.
Diese Welt ist so kaputt! Daher gibt es heute auch kein Happy End hier. Keinen Zweckoptimismus oder „Egal, wir kämpfen einfach weiter“-Aufruf. Macht mit dieser Message, was ihr möchtet. Wenn sie euch zum Nachdenken anregt, hat dieser Artikel seinen Zweck erfüllt.
Ich für meinen Teil habe starke Sehnsucht nach einem ruhigen Ort, fernab von allem. Nur meine Allerliebsten um mich. Und Natur. Der Rest der Welt kann mich mal!
Passt auf euch auf, ihr Lieben!
Eure Julia
PS: Wisst ihr was? Ich habe doch noch etwas zum Abschluss zu sagen, was mir wichtig erscheint:
Wir brauchen nicht mehr Safe Spaces – sie behandeln nur die Symptome.
Wir brauchen endlich konsequente Maßnahmen, die Ursachen von Diskriminierung, Hass und Gewalt anpacken, um eine Welt zu schaffen, in der Safe Spaces nicht mehr notwendig sind!
Mic Drop.
[…] dass sich aus diesen Quellen ein Podcast erstellen lässt. Und genau das habe ich mal testweise mit meinem letzten Artikel […]