Mein Wertekompass: Warum ich im Coaching auch mal Nein sage

a person holding a compass

Sie ist wie ein Mobile, meine Coaching-Ausbildung. Sie ist eine spannende Reise zu neuen Ufern in mir selbst und im Außen. Und plötzlich kommen Dinge in Bewegung, über die ich zuvor noch nicht so intensiv nachgedacht hatte. Was eine simple Arbeits-E-Mail mit meinem inneren Wertekompass zu tun hat, lest ihr in diesem Artikel.

Ihr Lieben,

die Frage, wofür wir im Leben eigentlich stehen und was uns wichtig ist, stellen sich vermutlich die meisten von uns im Laufe des Lebens. So auch ich, zu mannigfaltigen Gelegenheiten. In Persönlichkeitsseminaren, Therapien, Coachings. Oder auch einfach nur morgens unter der Dusche, wenn ich mich darauf freue, ein tolles Team oder einen lieben Menschen coachen und ein Stück begleiten zu dürfen.

Die Fragen, die ich mir dann gerne stelle, waren: „Was sind meine inneren Werte? Wofür stehe ich? Was ist mir so wichtig, dass es nicht verhandelbar ist?

Obgleich mir mein innerer Wertekompass über die Jahre immer klarer wurde, durfte ich kürzlich eine neue Dimension von ihm entdecken: meine Werte, die ich im Coaching vertrete. Es dürfte euch wohl kaum überraschen, wenn ich sage, dass diese nur unwesentlich von meinen sonstigen Werten abweichen. Und doch macht es für mich einen Unterschied, denn in der aktuellen Coaching-Ausbildung und einem Facilitator Training vor einem Jahr lernte ich, dass ich als Coachin auf einfach „Nein“ sagen darf. „Nein“ zu Coaching-Engagements, bei denen ich das Gefühl habe, dass die Chemie nicht passt – oder eben die inneren Werte.

Bisher war das glücklicherweise nicht notwendig gewesen. Doch eine E-Mail in meiner Arbeits-Inbox erinnerte mich an das Gelernte.

Das Team, das Coaching & die E-Mail

Was war geschehen? Ich hatte nach einmonatiger Vorlaufzeit ein mir bislang unbekanntes Team in einem anderen Unternehmensbereich gecoacht. Teil des Kurrikulums war die Entwicklung eines gemeinsamen Team-Ziels, das sich das Team für die kommenden 6 Monate geben möchte. Etwas Sinnstiftendes, etwas von Wert, ein Entwicklungsziel. Und das Team entdeckte für sich – ohne in die Details gehen zu wollen – an der eigenen Team-Motivation arbeiten zu wollen. Ein für die Führungskraft überraschendes Ziel, aber solche Dinge können eben passieren, wenn offen gesprochen wird. Und das finde ich gut und richtig.

Einige Tage später kam besagte E-Mail von einer höheren Führungskraft und diese ruderte kräftig zurück. Man habe vergessen, die Führungskraft und mich vorher zu briefen – das Team hätte kein eigenes Ziel entwickeln sollen, sondern es hätte sich nach den Vorgaben von oben richten sollen. Sinngemäß. Es schwang kein Vorwurf in der E-Mail mit, aber jede Menge Hierarchie.

Flauer Magen

Beim Lesen dieser Worte wurde mir dennoch flau im Magen. Etwas in mir rebellierte hart, doch es brauchte eine Weile, bis ich benennen konnte, was es war: diese Art von Führung, die sich für mich wie eine Entmündigung des Teams anfühlte, steht im krassen Gegensatz zu dem, was mir im Coaching und auch generell im Leben wichtig ist. Es wurde mir klar, dass ich in Zukunft derlei Dinge während der Auftragsklärung aufdecken wollen würde, um notfalls von meinem „Nein“ Gebrauch zu machen. Denn ich sehe mich nicht als Handlangerin von Führungskräften, die einschränken, statt zu befähigen und lediglich brav funktionierende Teams wünschen. So funktioniert das nicht. Jedenfalls nicht für mich.

Und hätte ich das vorher gewusst, hätte ich diesen Auftrag vermutlich abgelehnt. Habe ich aber nicht, weil ich es nicht vorher wusste. Und dafür bin ich dankbar. Denn nun fühle ich mich ein bisschen wie die kleine Fee, die dem Team zeigen durfte, wie es sein kann, frei an den eigenen Zielen zu arbeiten und selbstbestimmt Herausforderungen zu bewältigen. Ich übertreibe jetzt, aber es fühlt sich schon so ein bisschen wie ziviler Ungehorsam im übertragenen Sinne an. Und ich komme nicht umhin, mich ein bisschen diebisch darüber zu freuen. Hihi.

Mein Wertekompass

Dabei mag ich es aber nicht belassen, denn ich möchte für mich einen klaren inneren Wertekompass definieren, den ich transparent mit meinen Coachees und Teams teilen kann und der es mir erlaubt, nachts ruhig zu schlafen. Und deshalb habe ich mir ein paar Minuten Zeit genommen, ruhige Klaviermusik auf meine Alexa gestreamt, nachgedacht und geschrieben. Das Ergebnis ist eine stattliche Liste an Werten, die für mich im Coaching (und darüber hinaus) elementar wichtig sind und über die ich mich definiere. Ja, ich glaube, das kann ich mit guten Gewissen so behaupten. Mögt ihr wissen, welche das sind? Ich verrate sie euch. Die Geschichten, warum mir ausgerechnet diese Werte so wichtig sind, erzähle ich vielleicht ein andermal. 😉

Mein Wertekompass (subject to change ;-)):

  • Offenheit & Respekt
  • Transparenz & Authentizität
  • Selbstbestimmung & Eigenverantwortung
  • Empowerment & Selbstwirksamkeit
  • Autonomie & Unabhängigkeit
  • Zeit & Geduld
  • Struktur & Flexibilität (nein, das ist kein Widerspruch)
  • Psychologische Sicherheit & Empathie

Ein paar von euch kennen mich ja auch persönlich ganz gut, aber vielleicht auch einfach nur aus den Artikeln hier. Was denkt ihr? Gab es Überraschungen für euch in dieser Liste?

Mein Kompass und die E-Mail

Um die Geschichte der E-Mail an dieser Stelle kurz abzuschließen: ich habe nicht geantwortet, alldieweil ich nicht die Haupt-Adressatin war. Es erschien mir an dieser Stelle etwas vermessen zu antworten: „Entschuldigen Sie, liebe Führungskraft, diese Haltung ist mit meinen Coaching-Werten für Empowerment, Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung nicht vereinbar. Lassen Sie dem Team doch bitte ihr Entwicklungsziel.“ Nein, dieser Zug ist abgefahren und führe ohnehin in raues Gelände.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, künftig noch achtsamer auf meinen Wertekompass zu blicken und es mir dann und wann ohne schlechtes Gewissen, dafür voller Überzeugung und Haltung, zu erlauben, „Nein“ zu sagen. Um an geeigneterer Stelle frohen Herzens „Ja“ sagen zu können.

Alles Liebe,
eure Julia

PS: Liebe Grüße an die liebe Julia und die liebe Jenny, die über den Erscheinungszeitpunkt dieses Artikels sicherlich schmunzelnd den Kopf schütteln werden. Hab euch lieb! <3

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